Aufgrund der Museumsschließung während der Corona-Pandemie konnten die Neueinrichtung des Museumdepots sowie die Auflösung mehrerer ehemaliger Depots vorangebracht werden. Ungeahnt wurden Werke der bis heute kaum bekannten Brettener Künstlerin Walheide Wittmer wiederentdeckt, die in den späten 1990er Jahren mit weiteren persönlichen Dokumenten aus ihrem Nachlass durch Familienmitglieder in die städtischen Sammlungen gelangt sind. Recherchen über das Leben der Künstlerin konnten interessante Aspekte zu ihrer Ausbildung und dem umfassenden Werk der Zeit zwischen 1912 und der Mitte der 1940er Jahre beleuchten. Aus Karlsruher Adressbüchern, Akten aus den Archiven, Zeitzeugenberichten und persönlichen Dokumenten ließ sich der zunächst im Dunkeln liegende Lebensweg schließlich nachzeichnen. Das Werk sowie weitere interessante Fakten zum Leben der Künstlerin wurden im Jahr 2022 in der Ausstellung „Walheide Wittmer – eine Brettener Künstlerin der Klassischen Moderne“ erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.
Im Zuge der Ausstellungsvorbereitung konnte Kontakt zu zahlreichen Familienmitgliedern der Künstlerin aufgenommen werden. Nun wurde dem städtischen Museum Bretten durch diesen Kontakt eine besondere Schenkung zuteil: Walheide Krempl (geb. Beuttenmüller), eine Nichte der Künstlerin, überließ dem Museum im Schweizer Hof über 250 Werke aus dem Nachlass der Künstlerin. Darunter befinden sich Skizzen, Aquarelle, Kohlezeichnungen und Akte, die mit Bleistift angefertigt wurden.
Walheide Wittmer ist eine typische Vertreterin der Strömungen der ersten Jahrhunderthälfte im Südwesten, doch ihr Wirken fand zu Lebzeiten kaum Anerkennung: Verträumte Figuren in zarten Landschaften, schlafende Frauen und spielende Kinder sind die häufigsten Motive, die sich im Werk der 1894 in Bretten geborenen Künstlerin wiederfinden. Die Werke von Walheide Wittmer sind ein bedeutendes Zeugnis der Klassischen Moderne, einer Epoche, in der sich viele Künstlerinnen trotz gesellschaftlicher Hürden einen Platz in der Kunstwelt erkämpften. Besonders in der Zeit zwischen 1910 und 1930 kam es zu einer stärkeren Präsenz von Frauen in der Kunstszene, die in der Avantgarde oft neue künstlerische Ausdrucksformen entwickelten. Walheide Wittmers Werk spiegelt diese Entwicklungen wider, wobei ihre verträumten Darstellungen von Frauen und Kindern den Einfluss zeitgenössischer Strömungen wie des Impressionismus und des Symbolismus zeigen. Mit der Schenkung ihrer Arbeiten an die städtischen Museen Bretten wird nicht nur Wittmers künstlerisches Erbe bewahrt, sondern auch die Bedeutung von Künstlerinnen dieser Epoche gewürdigt.
Im Museumsshop sowie in der Tourist-Info Bretten am Marktplatz kann weiterhin der Ausstellungskatalog für 10 Euro erworben werden.
Veröffentlicht am 11.10.2024